Mürbeteige

Begriff und Eigenschaften
Mürbeteige sind Zubereitungen aus den Grundrohstoffen Weizenmehl, Fett und Zucker (in einem bestimmten Verhältnis), die mit Salz, Gewürzen und evtl. Ei verfeinert werden.

Mürbeteige sind nicht elastisch (keine Kleberbildung). Der hohe Fettgehalt und die fehlende bzw. geringe Flüssigkeit schränken die Quellfähigkeit der Kleberproteine stark ein, so dass ein plastischer Teig entsteht. Wenn Flüssigkeit zugegeben wird, ist der Teig geringfügig elastisch.
Mürbeteige sind bindig und gut dehnbar durch die klebrig-bindige und zugleich gleitfähige Beschaffenheit des Fettes.


Mürbeteigarten
Rohstoffverhältnis: Schwer 1: 2 : 2
Zucker : Fett : Mehl
Schwer 1: 2 : 3
Zucker : Fett : Mehl
Leicht 1: 1 : 2
Zucker : Fett : Mehl
Zusätze: – Eidotter
– teilweise wird Mehl durch Weizenpuder ersetzt
– evt. Vollei
– Kakao
– Milch oder Wasser
Herstellung:
gerührt

– Zucker, Fett und Gewürze glatt arbeiten
– Eidotter nach und nach zugeben (nicht zu schaumig rühren)
– Mehl-Weizenpuder-Gemisch unter die Masse melieren

geknetet

– Zucker, Fett und Gewürze glatt arbeiten
– Eier oder Flüssigkeit nach und nach zugeben (Vorsicht! – Fett und Flüssigkeit können sich trennen)
– Mehl nur kurz unter die glatte Fett-Zucker-Mischung wirken

geknetet

– Zucker, Fett und Gewürze glatt arbeiten
– Eier oder Flüssigkeit nach und nach zugeben (Vorsicht! – Fett und Flüssigkeit können sich trennen)
– Mehl nur kurz unter die glatte Fett-Zucker-Mischung wirken

Aufarbeitung:  gespritzt  ausgerollt/ausgestochen  ausgerollt/ausgestochen
Lockerung Ausdehnung der eingeschlagenen Luft Wasserdampf und Gashaltevermögen der Eier; evtl. chemische Triebmittel Chemische Triebmittel
Verwendung: – Sandgebäck
– Spritzgebäck
– Wiener Teegebäck
– Teegebäck (ausgestochen)
– Brezeln
– Linzer Teig
– Tortenböden
– Tortlettes

Anforderungen und Wirkungen der Rohstoffe
Weizenmehl: 
Geeignet sind kleberschwache, stärkereiche und kurz gelagerte Mehle (Weizenmehl) mit niedrigem Ausmahlungsgrad. Für Qualitäts- und Spritzmürbeteig wird der Mehlanteil durch einen Teil Weizenpuder ersetzt. Bei dunklen, überlagerten Mehlen besteht die Gefahr, dass sich das Mehlfett mit dem Luftsauerstoff verbindet und oxidiert.

Fett: 
Fett soll frisch sein und einen angenehmen Geschmack aufweisen. Butter oder Margarine eignen sich am besten. Margarine aus Kokos- oder Palmkernfett ruft evtl. Seifigwerden hervor, besonders bei gleichzeitiger Mitverwendung von schlecht gelagertem Mehl.

Die Gebäckmürbung hängt von der Fettmenge, Fettbeschaffenheit und vom Schmelzpunkt (32-36°C) ab. Ferner sind die Fettsäurezusammensetzung, Kristallstruktur und das Verhältnis der flüssigen zur kristallinen Fettphase bei der Verarbeitungstemperatur von Bedeutung. Im kalten Zustand ist das Fett fest. Es durchzieht die Teigstruktur in Form von dünnen Strängen und feinen Schichten. Größere Fettteilchen bilden Aggregate mit Stärkekörnern und Luftbläschen. Wichtigstes Merkmal dieser komplexen Teigstrukturen sind Fettfilme, die sich durch die aus Glutenplättchen und Lipiddoppelschichten bestehenden Phase hindurchlegen; sie sind verantwortlich für den Mürbungseffekt. Die Fettlamellen zergliedern die komplexe Protein-Lipid-Phase in kleinere Bezirke, verhindern schon beim Anteigen die Bildung eines weitreichenden, dreidimensionalen Klebernetzes und sorgen dadurch für eine geschmeidigere, kurze Teigstruktur.

Darüber hinaus werden durch die Fettschichten auch die Stärkekörner voneinander getrennt gehalten. Dies lässt während des Backprozesses nur eine eingeschränkte Verkleisterung der Stärke zu. Bei höheren Temperaturen wird das Fett z.T. flüssig, zumindest die niedrig schmelzenden Fettfraktionen, die Ölsäureanteile im Molekül enthalten. Die flüssigen Fettanteile können in die Mehlpartikel eindringen und zerfallen bei der Teigbearbeitung in kleinere Bruchstücke – die Gesamtoberfläche vergrößert sich. Die Fettschichten, die diese vergrößerte Oberfläche umschließen, werden dünner und haften nicht mehr so bindig aneinander. Der Teig wird beim Ausrollen rissig, er bröckelt, d.h. er ist ,,brandig“.

Zucker: 
Geeignet ist feinkörniger, leicht löslicher Zucker, ggf. auch Puderzucker, wenn der Teig sofort verarbeitet werden soll. Grobkörniger Zucker kann sich in dem feuchtigkeitsarmen Teig nicht vollständig lösen. Die Zuckerkristalle bilden bei Temperaturen über 160°C an der Gebäckoberfläche karamellisierte Stellen, das Gebäck wird ,,stippig“.

In zuckerreichen Teigen (Spekulatius) bildet der in der Backhitze kochende Zucker Karamellschichten, die das Gebäck besonders hart und splittrig machen (charakteristisch). Durch schmelzende Zuckerkristalle verändert sich die Gebäckform. Die flüssig gewordenen Zuckerkristalle drücken aufgrund ihres hohen spezifischen Gewichtes (1,6) die übrigen weichen Bestandteile zur Seite – das noch weiche Backgut ,,treibt“ in die Breite. Aus diesem Grund sollte man speziell für Spritzmürbeteige Puderzucker verwenden. Aufgrund der hygroskopischen Eigenschaft des Zuckers müssen zuckerreiche Gebäcke trocken gelagert werden.

Eidotter: 
Unterstützt wird die leichte Verteilbarkeit des Fettes durch die emulgierende Wirkung des hohen Lezithingehalts im Eidotter.

Eiklar:
Die Eiweißstoffe des Eiklars verschaffen dem Mürbeteig zusätzliche Bindung.

Milch/Wasser:
Bei Verwendung von Milch oder Wasser kann im Mürbeteig Kleber gebildet werden. Der Teig wird dadurch zäher, das Gebäck fester und weniger bruchempfindlich. Allerdings kann das Gebäck „schnurren“ (sich zusammenziehen).


Tipps bei brandigem Mürbeteig
Um brandigen Mürbeteig noch weiter verarbeiten zu können, kann man folgende Maßnahmen ergreifen:

Zusatz von einwandfreiem Mürbeteig (Menge richtet sich nach dem Stadium der Brandigkeit).
Zusatz von ca. 2,5 % Eiklar (Bindigkeit wird durch die Eiweißstoffe erhöht).
Zusatz von Glukosesirup (Der Teig ist jedoch schwierig zu verarbeiten.)
Als Zusatz zum Hefeteig für Obstkuchen verwenden.
Eventuell Mehl zusetzen und als Streusel verarbeiten.


Fehlerquellen
Fehler Ursache Erklärung
brandiger Mürbeteig zu warmes oder zu weiches Fett verwendet Die flüssigen Fettanteile können in die Mehlpartikel eindringen und zerfallen bei der Teigbearbeitung in kleinere Bruchstücke – die Gesamtoberfläche vergrößert sich. Die Fettschichten, die diese vergrößerte Oberfläche umschließen, werden dünner und haften nicht mehr so bindig aneinander.
zu langes oder intensives Kneten zu starkes Kneten führt zur Erwärmung des Fettes
zu schaumig gerührte/geknetete Fett-Zuckermasse wie vorher (Erklärung siehe oben)
zu warme Rohstoffe verwendet; zu warmer Raum Fettanteile werden erwärmt (Siehe oben)
zäher Mürbeteig zu hoher Anteil an Milch/Wasser die Mehleiweißstoffe binden Flüssigkeit, dabei kann sich Kleber bilden
zu langes Kneten des Teiges(besonders feuchter Teig) zu starkes Kneten führt zur Kleberbildung
Fettanteil zu gering Zur Bindigkeit des Teiges wird dann Flüssigkeit zugesetzt, wodurch sich Kleber bilden kann.
zu langes Abstehen von Spritzmürbeteig Infolge des hohen Flüssigkeitsanteils kann es zum Nachquellen des Mehles und somit zur Kleberbildung kommen.
breit getriebenes Gebäck
(besonders bei Spritzmürbeteig)
zu hoher Fettanteil Gebäckgerüst kann sich beim Backen durch den hohen Fettanteil nur schwach entwickeln.
Überschlagene Fett-Zuckermasse Die eingeschlagenen Gase (Luft) dehnen sich beim
Backen aus. Der fettreiche Teig verläuft, weil das
Gebäckgerüst zu schwach ist.
Groben Zucker verwendet Zuckerkristalle schmelzen, werden flüssig und drücken infolge ihres hohen spezifischen Gewichts die übrigen weichen Bestandteile zur Seite.
zu viel Ofenfeuchtigkeit Gebäckoberfläche bleibt zu lange feucht, so dass es
zu spät verfestigt.
Gebäck fällt auseinander zu viel Fett Gebäckgerüst kann sich durch den hohen Fettanteil nicht genügend stark bilden.
zu schaumig gerührt Gerüstbildung zu schwach bzw. zu dünn ausgeprägt
zu grober Zucker bei ausgerolltem Gebäck Zuckerbestandteile wirken als Trennschicht
Gebäck hat hohlen Boden zu starke Unterhitze Unterhalb der Teigfläche entwickelt sich verstärkt Wasserdampf.
Gebäck ist im Ofen geschnurrt bei der Teigherstellung hat sich Kleber gebildet Der Kleber kann sich nach der Erwärmung des Teiges besser in seine ursprüngliche Lage zusammenziehen, weil der Teig im Ofen sehr weich wird. Dem Zusammenziehen wird weniger Widerstand entgegengesetzt.